Edition Bauwirtschaft

von Prof. Dr. Bernd Witthaus

Das Bewerbungsgespräch

Fortsetzung

In der Bauwirtschaft gibt es eine ganze Reihe von Personen/ Funktionen, die sich mit Personalien und damit auch mit Vorstellungsgesprächen befassen. Lädt der Personalleiter zum Gespräch ein, so wird er meist den Abteilungs-, Sparten- oder Niederlassungsleiter hinzu bitten, für dessen Bereich ein Jungingenieur gesucht wird, denn letztendlich - wenn man es auf einen vereinfachten Nenner bringen will -, müssen sich ja Vorgesetzter und Mitarbeiter sympathisch sein.
Vorliebe für Bienenhonig
"Wie ich in meinen Unterlagen sehe, haben Sie eine
besondere Vorliebe für Bienenhonig!"


Oft möchte auch der sachlichtechnisch verantwortliche Mann seinen potentiellen neuen Mitarbeiter auf verschiedene Kriterien, auf welche er besonderen Wert legt, gesprächsweise testen. Meist gibt es jedoch keinen Personalleiter, und daher lädt eher der zuständige Geschäftsführer, der Niederlassunsleiter oder der Technische Leiter zum Erstgespräch ein. Als Faustregel kann man aufstellen: Je größer das Unternehmen, desto geringer die hierarchische Stellung des Gesprächspartners beim Vorstellungsgespräch. Je kleiner das Unternehmen, desto höher ist der Gesprächspartner im Unternehmen hierarchisch angesiedelt. Ausnahmen können immer dann die Regel bestätigen, wenn sich Unternehmensführer selbst sehr intensiv um die Nachwuchsförderung kümmern, doch nur selten bleibt im Aufgabenspektrum von Vorständen, Geschäftsführern und Technischen Leitern die Zeit für derartige Gespräche, obwohl sie doch eigentlich ein Stück Zukunft des Unternehmens bedeuten können - sei es nun als richtige oder als Fehlentscheidung! Im Grunde verlaufen alle professionell geführten Vorstellungsgespräche nach einem ähnlichen Muster bzw. dreigeteilt: Teil I : Informationen des Bewerbers über seinen Lebenslauf, sein Studium, besondere Interessen im Studium und in der Freizeit. Darüber hinaus hängen die Fragen zu diesem Punkt im wesentlichen von den Lebensumständen und den Erfahrungshintergründen des Befragenden ab und sind daher nicht vorhersagbar. Teil II: Informationen zum suchenden Unternehmen und weitere Fragen des Bewerbers hierzu. Teil III: Regularien wie frühester Eintrittstermin und Gehalt sowie sonstige Vertragsbedingungen.
TEIL I : Die Schilderung des Lebenslaufes erledigt sich bei einem Jungingenieur meist recht schnell, da - mangels Masse - nicht über berufliche Erfahrungen, die sonst im Gespräch die meiste Zeit beanspruchen, geredet werden kann. Bleiben also die Hochschule, besondere Neigungen, die der Einzelne während des Studiums entdeckt hat oder etliche Aktivitäten in der Familie und der generellen Freizeit. Allerdings sei davor gewarnt, diesen Teil episch auszubreiten, denn der oder die Gesprächspartner könnten den Eindruck gewinnen, daß Hobbies soviel Zeit brauchen, daß für überdurchschnittliche Einsätze im Unternehmen - auch zeitliches Engagement fällt darunter - zu wenig Zeit verbleibt. Also Vorsicht! Vorsicht ist oft auch geboten, “das Kind zu präzise beim Namen zu nennen”, also etwa zu sagen: “Im Sommer muß ich möglichst um 5 Uhr am Bootshaus sein, sonst sind meine Ruderkameraden sauer, mit welchen ich im Vierer trainiere!” Oder auch: “ Kürzlich hat man mich zum Geschäftsführer der F.D.P. in Unterursel gewählt. Hier kämpfe ich nun dafür, bei der nächsten Kommunalwahl wieder den Einzug ins Stadtparlament  zu schaffen!" Der Gesprächspartner könnte den Eindruck gewinnen, daß man dazu neigt, aufs falsche Pferd zu setzen. Übrigens wird von Absolventen gelegentlich nach der Bedeutung des äußeren Eindruckes im Vorstellungsgespräch gefragt. Man sollte diese Frage weder unter- noch überschätzen. Ob mit oder ohne Krawatte, das bleibt eine Geschmackssache, aber sauber, ordentlich angezogen und gekämmt, das muß schon sein! Der Ring durch die Nase muß nicht sein!
TEIL II: Nach dem ersten Teil des Gespräches gibt der Repräsentant des Unternehmens Informationen zu Größe, Beschäftigten, Sparten, Niederlassungen usw. Er erwartet meist auch Fragen des an einer Einstellung wirklich interessierten Bewerbers, z.B. nach Projekten, Projektentwicklung oder Unternehmensentwicklung oder Beteiligungen, je nach besonderem eigenen Interesse. Schweigen kann das frühzeitige “aus” bedeuten, denn es wird häufig als Desinteresse aufgefaßt. Man wird sicher nicht auf den Gedanken kommen, den Personalmann von Hochtief oder Bilfinger nach Bilanzen zu fragen, doch auch in Gesprächen mit mittelständischen Unternehmen steht eine solche Frage wegen ihrer Irrelevanz dem Bewerber nicht zu. Sie verrät eher wenig Augenmaß oder überzogenes, aufgesetztes Selbstbewußtsein, da die meisten Bauingenieure keine ausreichende kaufmännische Ausbildung mitbringen, um überhaupt Bilanzzahlen beurteilen zu können. Wenn man weiß, wie geringfügig aussagekräftig externe Bilanzanalysen in der Regel sind - auch für kaufmännisch bestens ausgebildete Fachleute -, beginnt man gar nicht erst zu fragen! Hingegen darf man auf die Frage, welches Berufsziel man hat, durchaus antworten, daß man in die Geschäftsleitung eines Unternehmens aufsteigen möchte, sollte aber auch hier einen realistischen Zeitraum im Auge behalten. Eine Fünfjahresfrist würde wohl lächerlich wirken, während ein Zeitraum von etwa 12 - 15 Jahren eine realistische Einschätzung des Befragten verrät. Berufsanfänger in den besten Lebensjahren, kraftvoll an Physis und Psyche, unterschätzen leicht die Bedeutung der praktischen Erfahrungen, die durch nichts zu ersetzen sind.
TEIL III:  Über Anfangsgehälter redet es sich in guten Konjunkturzeiten natürlich leichter als in schlechten. Derzeit stecken wir eher in guten, wie oft in den Medien zu sehen, zu hören und zu lesen ist. Eigentlich liegen die Eintrittsgehälter in den Tarifverträgen oder durch hausinterne Einstufungen fest. Leider klagen immer mehr Jungingenieure in der letzten Zeit darüber, daß einstellungswillige Unternehmen handeln wie armenische Teppichhändler. Leider übersteigt gerade in schlechten Zeiten das Angebot an Jungingenieuren die Nachfrage der Unternehmen, so dass oft keine Wahl bleibt, wenn man im Wettbewerb mit zig anderen Kollegen zur Einstellung gelangen will. Wenn man in den nächsten zehn Jahren der Einkommensentwicklung genügend Aufmerksamkeit schenkt, motiviert und engagiert an seine Aufgaben herangeht, so läßt sich der anfängliche Gehaltsmalus schnell wieder egalisieren! Im übrigen sind schlechten Konjunkturjahren in der Vergangenheit bald wieder bessere Jahre gefolgt! Man kann diese Entwicklung von konjunkturellen Auf und Ab’s in den 50 Nachkriegsjahren gut verfolgen. Fünf mal hat es wesentliche, spürbare „Einbrüche“ gegeben: 1967, 1977, 1982, 1988, 1995 oder 2008. Die weitere Entwicklung  der nächsten Jahre wird man abwarten müssen.

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